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24.10.2023

Praxedis Hug-Rütti erzählt von ihrer musikalischen Reise

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Corina Gut: Bereits mit 5 Jahren bekamen Sie Klavierunterricht. War es das erste Instrument, welches Sie als Kind «unter Ihre Finger» nahmen? War es ein Wunsch-Instrument?

Praxedis Hug-Rütti: Klavier wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Während ich beim Mittagsschlaf jeweils die Schüler meiner Mutter kläglich falsch herumklimpern hörte, ging ich am Abend heimlich ans Klavier und probierte aus, was ich am Nachmittag gehört hatte. Tatsächlich konnte ich die Melodien problemlos nachspielen und es machte mir grosse Freude nach Gehör das Gehörte wiederzugeben. Glücklicherweise durfte ich dann als junges Mädchen bereits zur bekannten Zuger Pianistin Cecile Hux in den Klavierunterricht, obwohl diese eigentlich «nur» Fortgeschrittene in Ihre Klasse aufnahm.

Auch Ihre Tochter Praxedis erhielt im Alter von 5 Jahren Klavierunterricht. Die Liebe zur Musik muss in Ihrer Familie genetisch verankert sein. Woher kommt diese Musikalität?

Während mein Vater hobbymässig Querflöte spielte, lernte meine Mutter voller Leidenschaft autodidaktisch Klavier. Ihre Gabe war das Weitergeben der Musik an junge Menschen und durch ihren Unterricht die Liebe zur Musik bei Kindern zu wecken. Meine Geschwister und ich spielten mindestens 1-2 Instrumente. Bei meiner Tochter kommt die Musikalität sogar aus den Familien beider Elternteile, denn mein Mann wollte in jungen Jahren auch Pianist werden, bevor er sich für eine wirtschaftliche Laufbahn entschied.

Wie kamen Sie zu «Ihrem» Instrument, der Harfe?

Als ich als Jungstudentin im Konservatorium Zürich studierte, war es obligatorisch ein Zweitinstrument zu wählen. Während eines Konzertes in der Tonhalle Zürich verliebte ich mich in die sphärischen Klänge der Harfe und das Glück wollte es, dass die damalige Tonhalle-Harfenistin Emmy Hürlimann mich in Ihre Klasse am Konservatorium Zürich aufnahm. Nach meinem England-Aufenthalt ein paar Jahre später wurde das Zweitinstrument dann zum Hauptinstrument.

Spielen Sie weiterhin Klavier oder parallel noch weitere Instrumente?

Seit ich mit dem Klavier aufgehört habe, spiele ich nur noch Harfe.

Sie spielen auf einer Horngacher Meisterharfe. Was macht dieses Instrument aus?

Horngacher ist eine Harfenmanufaktur in Starnberg/DE, welche als einzige Produktionsstätte weltweit die Instrumente immer noch individuell von Hand verarbeitet, während andere Harfenbauer die Instrumente maschinell herstellen. Das hört man ganz deutlich am Klang und dem Klangvolumen einer Horngacher Meisterharfe. Horngacher-Instrumente sind absolut einzigartig.

Das Engelsinstument kann bis zu 40 Kilogramm schwer sein. War der Transport bei der Instrumentenwahl je eine Überlegung? Gibt es eine Anekdote zu diesem Bereich?

Meine Harfe ist sogar 50kg schwer. Die Frage nach dem Transport war jedoch nie Thema, obwohl es häufig schwierig ist, jemanden zu finden, welcher hilft, die Harfe zu tragen, denn es kann aufgrund der diffizilen Mechanik schädlich sein, die Harfe auf einem Rollwagen allein zu schieben. Manchmal muss ich das trotzdem tun, dazu habe ich einen extra für Harfen konzipierten Harfenwagen. Für den Transport muss das Auto jedoch gross genug sein, also vor einem Autokauf muss die Harfe zuerst ins Auto gelegt werden, um zu sehen, ob sie in den Kofferraum passt. So kaufe ich das Auto nach der Grösse der Harfe. Einmal hatte ich mitten auf dem Weg zu Tonaufnahmen in Hamburg eine Autopanne und musste die Harfe samt Gepäck in den Zug verladen. Das war ziemlich kompliziert und riskant, zum Glück war meine Tochter dabei, sodass sie beim Tragen helfen konnte.

Als «Duo Praxedis» konzertieren Sie zusammen mit ihrer Tochter, der Pianistin Praxedis Geneviève Hug. Ist die Vorbereitung auf diese Konzerte anders als sonst und was fühlen Sie bei solchen gemeinsamen Auftritten?

Das Duo-Spiel steht immer unter dem Zeichen der Fröhlichkeit und der Freude. Unser Ziel ist es, mit der einzigartigen Gattung Harfe & Klavier, einer Duo-Form, welche als einzige in der Geschichte aus zwei Soloinstrumenten besteht und zur Zeit der Frühklassik bis 1915 sehr beliebt war, Freude und Beschwingtheit zu vermitteln. Da wir gleich empfinden, können wir beim Auftritt spontan interpretieren, das ist einmalig und wunderschön. Die Vorbereitungen verlaufen stets unkompliziert und harmonisch, zuerst übt jede für sich die Stimmen, bevor wir dann die Stücke zusammen proben. Häufig proben wir nachts, da sind wir ungestört und allein.

Was machen die Stücke aus, die wir gemeinsam am 9. und 10. Dezember 2023 in der Kirche St. Johannes in Zug aufführen dürfen?

Der Klang von Chor und Harfe erscheint mir als besonders himmlische Symbiose. Brittens Christmas Carols sind eines meiner Lieblingsstücke, voller spannender Geschichten, Klängen und Phantasien, welche Bilder beim Publikum hervorrufen. Leider viel zu selten aufgeführt. Das Grandiose daran ist auch, wie gut Britten als Komponist für die Harfe geschrieben hat. Das ist sehr selten, denn häufig sind Komponisten total überfordert, adäquat für die Harfe zu schreiben, da sie viel zu wenig mit dem Instrument und dessen Eigenschaften vertraut sind.

Wir führen an diesen Konzerten auch “Three Carols” von Carl Rütti auf. Fühlt es sich anders an, Musik von Ihrem Bruder Carl Rütti zu spielen?

Carls Werke spiele ich besonders gerne, man spürt die familiäre Bindung, das liebevolle Wirken unter Geschwistern. Dazu kommt, dass er die Harfe als Komponist wie niemand sonst kennt. Bereits mit 18 Jahren, als ich erst kürzlich mit dem Harfenspiel begonnen hatte, durfte ich bereits in seiner Hochzeitsmesse mitspielen. Er komponiert mir die Stimme auf den Leib. Später hat er mir sogar ein ganzes Harfenbüchlein geschenkt, welches ich anlässlich seines 70. Geburtstages auf CD einspielte. Mit seiner Musik verbindet mich sehr viel, es bedeutet mir jedes Mal grosse Freude seine Kompositionen aufzuführen.

Komponiert er speziell auf Sie zugeschnittene Stücke? Wenn ja, wissen Sie, was ihn dabei inspiriert?

Sogar hauptsächlich. Ein besonderes Highlight war die Uraufführung seines Doppelkonzertes für Harfe & Klavier und Orchester mit dem Titel «Zugersee», welches ich zusammen mit meiner Tochter 2018 mit der Zuger Sinfonietta uraufführen durfte. Er hat mit uns die einzelnen Parts besprochen und unsere Wünsche in sein Schreiben integriert. Als Thema hat er die Zuger Sage über den Untergang der Zuger Unteraltstadt durch eine Seejungfrau gewählt, welches er in ein abwechslungsreiches, 4-sätziges Monsterwerk verarbeitet hat. Seine Handschrift ist absolut genial und unvergleichlich.

Ihr Repertoire ist sehr umfangreich und reicht von Klassik bis zu zeitgenössischer Musik. Gibt es Genres, in denen Sie noch nicht konzertiert haben, aber es gerne würden? Wenn ja, welche wären das und wäre es auf der Harfe oder einem anderen Instrument?

Es würde mich reizen, synthetische Klänge auf der Harfe zu produzieren. Der Harfenbauer Klaus Horngacher hat mir deshalb einen Extra-Lautsprecher samt Soundmix-Anschluss bei der Harfe installiert. Obwohl ich Harfe solo am liebsten im klassischen Repertoire vom Barock bis zur Moderne spiele, könnte ich mir gut vorstellen, im Duo zusammen mit Klavier futuristische Musik zu produzieren, nachdem wir bereits in verschiedenen Cross-Over-Bereichen wie Jazz, Tango oder Gospel Werke arrangiert und aufgeführt haben.

Herzlichen Dank, Praxedis Hug-Rütti,  dass wir einen Einblick in diese wunderbare musikalische Reise erhalten durften.

Bildquelle: www.duopraxedis.com/js_photo_albums/praxedis-hug-ruetti/

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