Eine beeindruckende Aufführung
Auf Einladung unserer Freundin, einer langjährigen Sängerin im Chor Audite Nova, machten wir uns an Allerheiligen auf den Weg aus der Ostschweiz in den Kanton Zug, um das Requiem von Carl Rütti in der Pfarrkirche Unterägeri zu hören – ein, wie sich herausstellen sollte, ganz besonderes Erlebnis.
Als musikalische Laien wollen und dürfen wir uns nicht anmassen, im Folgenden eine differenzierte Kritik zu verfassen. Wir wollen und können aber unsere persönliche Betroffenheit, unser „Berührtsein“ durch das Werk, die Musik und den Text, zum Ausdruck bringen und allen Mitwirkenden unseren Dank und unsere Anerkennung aussprechen. Mit grosser Professionalität und viel Herzblut wurde hier ein bewegendes, anspruchsvolles Oeuvre aufgeführt. Die brillanten Stimmen der Solisten beeindruckten uns ebenso wie die Stimmgewalt und die Präzision des Chors, der in allen Teilen sehr homogen wirkte. Den Charakter der einzelnen Sätze brachten die Aufführenden unter der souveränen musikalischen Leitung von Johannes Meister äusserst differenziert zur Geltung.
Überraschend der Anfang, als die Sopranistin durch den Mittelgang einzieht und mit ihrer wunderbaren klaren Stimme betend den Raum füllt. Nachvollziehbar, doch ungewohnt, war das Kyrie, verstanden als Aufschrei und Auflehnung gegen die Endgültigkeit des Todes. Im Gegensatz dazu später dann konventionell und ganz wunderbar tröstlich das Agnus Dei.
Engagiert und nuanciert begleitete das Orchester. Eindrücklich die fulminanten Passagen der Streicher. Ebenso erwähnenswert die Solistin an der Harfe, die mit ihrem einfühlsamen Spiel die himmlischen Sphären erlebbar machte. Und nicht zuletzt solistisch gekonnt an der Orgel tätig der Komponist höchst selbst, der uns auch zu Beginn des Konzerts mit schlichten Worten auf sein Werk eingestimmt hatte.
Rüttis Requiem bringt uns das Religiöse als Dimension, sich mit der eigenen (Un)Endlichkeit zu befassen, facettenreich näher: Die Auflehnung gegen den Tod steht im Gegensatz zur Versöhnung mit dem Unabänderlichen und der Zuversicht auf eine jenseitige Heimat. Vogelgezwitscher, das gleichsam anmutet als Nachtgebet, lässt Bilder aufsteigen von Abendstille und Erdenfrieden. Der Auszug der Solisten begleitet die Zuhörer ins Jenseits der ewigen Ruhe.
Die Auseinandersetzung mit dem Tod, diesem letzten und unergründlichen Rätsel des Menschseins – selten ist uns dies musikalisch so eindringlich und glaubwürdig dargestellt worden. Herzlichen Dank für dieses einmalige Erlebnis.
Godi Ehrat und Ruth Rohde Ehrat